Kriterien eines guten Unterrichtseinstieges
Die ausgewählten Kriterien basieren im Wesentlichen auf der Kriterienliste von Brühne und Sauerborn (2011) (vgl. Kapitel 2.4).
Folgende vier Kriterien wurden für einen guten Unterrichtseinstieg ausgewählt, welche in der Materialsammlung umgesetzt werden konnten:
- Strukturierung
- inhaltliche Klarheit
- Methodenvielfalt / Angebotsvariation
- Schülerorientierung / kognitive Aktivierung
Strukturierung
Der Unterrichtseinstieg strukturiert und gliedert den Unterrichtsgegenstand thematisch-inhaltlich. Die Lehrperson hat die Aufgabe einen transparenten Orientierungsrahmen zu setzen und für die Schülerinnen und Schülern eine inhaltliche Klarheit zu erzeugen (vgl. Brühne & Sauerborn, 2011, S. 36). Aus diesem Grund schreiben Brühne und Sauerborn (2011) dem thematischen Unterrichtseinstieg eine Strukturierungsfunktion zu. Für die Lehrperson heisst das, den Lerninhalt realitätsnah und nachvollziehbar zu arrangieren, und zwar so, dass die Lerngruppe zu jeder Zeit weiss, was von ihr erwartet wird. Der unterrichtliche Ablauf wird somit für die Schülerinnen und Schüler transparent (vgl. a.a.O., S. 43). Auch Helmke (2010) sieht die Strukturierung des Unterrichts als ein Merkmal von Unterrichtsqualität an. Er schlägt folgende Strukturierungshilfen vor:
- „Bekanntgabe von Unterrichtszielen und Lernzielen
- Leistungserwartung transparent machen
- Verknüpfung der neu vermittelten Informationen mit Vorwissen
- Aufgreifen eventueller Missverständnisse
- Anregung zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Inhalt
- das Angebot eines Gerüstes in Form übergreifender Ideen [...], Begriffe und Begriffsnetze, um die Integration neuen Wissens zu begünstigen
- Strukturierungshilfen [...] durch Zusammenfassungen, Vorausschau, sprich Informationsangebote für den Lernenden, die über den eigentlichen Lerninhalt hinausgehen und den Lernprozess unterstützen“ (Helmke, 2010 zit. n. Brühne & Sauerborn, 2011, S. 43).
Inhaltliche Klarheit
Für Meyer (2008) liegt inhaltliche Klarheit vor, „wenn die Aufgabenstellung verständlich, der thematische Gang plausibel und die Ergebnissicherung klar und verbindlich gestaltet worden sind“ (a.a.O., S. 55).
Für die Verständlichkeit der Aufgabenstellung ist es wichtig, dass die Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler angemessen berücksichtigt werden. Die Aufgabe der Lehrperson ist es anhand einer Lernstrukturanalyse zu untersuchen, „welche Art von Handlungen [Operationen] der Schüler vollziehen muss, um zum Ziel zu kommen“ (a.a.O., S. 55). Des Weiteren muss die Lehrperson in einem zweiten Schritt anhand einer Lernstandanalyse klären, ob die Schülerinnen und Schüler „die für die Bewältigung einer Lernaufgabe erforderlichen Kompetenzen [z.B. die erforderlichen Lernstrategien] und Haltungen [Neugier, Interesse] haben oder nicht“ (a.a.O., S. 55). Gemäss Meyer (2008) liegt eine gute Aufgabenstellung nur dann vor, wenn die Lernstruktur- und die Lernstandsanalyse zusammengefunden haben.
Mit der Plausibilität des thematischen Ganges spricht Meyer (2008) von einer breiten Palette von didaktischen Rhythmen. Insgesamt werden fünf thematische „Gangarten“ genannt, welche untenstehende Abbildung verdeutlicht (vgl. a.a.O., S. 58):
Laut Meyer (2008) liegt eine klare Ergebnissicherung dann vor, wenn die zu Beginn des Unterrichts formulierten Fragen und Aufgaben geklärt und gelöst wurden. Des Weiteren sollte festgestellt werden, welche Fragen noch unklar sind und wie sie weiterverarbeitet werden können. Durch Zusammenfassungen und Wiederholungen, Fehlerkorrekturen, saubere Tafel- und Heftarbeit sowie durch eine klare und fehlerfreie Lehrersprache wird gemäss Meyer (2008) die Klarheit der Ergebnissicherung herbeigeführt (vgl. a.a.O., S. 58). Eine Verbindlichkeit der Ergebnissicherung wird durch eine verbindliche mündliche und schriftliche Mitteilung des Lehrers, durch verbindliche, oft auch protokollierte Absprachen zwischen dem Lehrer und den Schülern, sowie durch die Gewissenhaftigkeit, mit der die Ergebnissicherung betrieben wird, bedingt (vgl. a.a. O., S. 58f.).
Brühne und Sauerborn (2011) fassen die inhaltliche Klarheit bei einem guten Unterrichtseinstieg so zusammen, dass die verwendeten Materialen und Medien sowie die Sprache schülergerecht aufbereitet werden (vgl. a.a.O., S. 36).
Als erster Punkt, wie die inhaltliche Klarheit zu erkennen ist und wodurch sie gefördert wird, nennt Meyer (2008) den informierenden Unterrichtseinstieg (vgl. a.a.O., S. 59). Dadurch wird zu Beginn der Stunde kurz an der Tafel skizziert, was auf die Schülerinnen und Schüler zukommt.
Methodenvielfalt / Angebotsvariation
Für Meyer (2008) liegt eine Methodenvielfalt dann vor, „wenn der Reichtum der verfügbaren Inszenierungstechniken genutzt wird, wenn eine Vielfalt von Handlungsmustern eingesetzt wird, wenn die Verlaufsformen des Unterrichts variabel gestaltet werden und das Gewicht der Grundformen des Unterrichts ausbalanciert ist“ (a.a.O., S. 74).
Unter Inszenierungstechniken versteht Meyer (2008) „kleine und kleinste [verbale und nonverbale, mimische, gestische und körpersprachliche, bildnerische und musische] Verfahren und Gesten, mit denen die Lehrer und die Schüler den Unterrichtsprozess in Gang setzen und am Laufen halten: Fragen stellen, antworten, verrätseln, provozieren, verkleinern, usw.“ (Meyer, 1987, S. 119f. zit. n. Meyer, 2008, S. 76). Handlungsmuster sind Formen zur Aneignung des Lerninhaltes, beispielsweise verschiedene Vortrags- und Gesprächsformen, Beteiligungsrituale, szenische Arbeitsformen, etc. (vgl. a.a.O., S. 76f.). Mit Verlaufsformen meint Meyer (2008) Muster, welche sich meistens auf den methodischen Grundrhythmus von Einstieg, Erarbeitung und Ergebnissicherung zurückführen lassen (vgl. a.a.O., S. 78). Der Autor nennt insgesamt vier unterschiedliche Grundformen von Unterricht:
- lehrgangsförmiger Unterricht (Lehrgänge) mit einem hohen Anteil an Lehrerlenkung und überwiegendem Frontalunterricht
- kooperativer Unterricht (Projektarbeit) mit gemeinsamen Zielabsprachen und hohen Anteilen von Gruppen- und Teamarbeit
- individualisierender Unterricht (Freiarbeit) mit hohen Anteilen selbst organisierten Lernens und mit überwiegender Einzel- und Partnerarbeit
- gemeinsamer Unterricht, was beispielsweise den Klassenrat enthält (vgl. a.a.O., S. 79f.).
Schülerorientierung / kognitive Aktivierung:
Vorhandene Vorkenntnisse, Voreinstellungen und Vorerfahrungen der Schülerinnen und Schüler aufzugreifen, gehört zu einem guten Unterrichtseinstieg (vgl. Brühne & Sauerborn, 2011, S. 36). Dadurch sollen die Lernenden ihre bekannten Wissensstrukturen mit neuen Inhalten verknüpfen können (vgl. a.a.O., S. 41).
Ein guter Unterrichtseinstieg ist problemorientiert (vgl. Brühne & Sauerborn, 2011, S. 36). Die Lehrperson ist aufgefordert, den Schülerinnen und Schülern ein gegenwärtig oder zukünftig bedeutendes Problem zu formulieren. Mit Hilfe des Unterrichtseinstiegs werden die Schülerinnen und Schüler dann damit konfrontiert. Somit wird die Lerngruppe „systematisch und unmittelbar an Problemstrukturen des Unterrichtsgegenstandes herangeführt“ (a.a.O., S. 45).
Ausserdem werden bei einem guten Unterrichtseinstieg offene Fragen an die Schülerinnen und Schüler gerichtet, welche sie fachlich herausfordern sollen (vgl. a.a.O., 2011, S. 36).